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Der "Arbeitstitel" war Sandy Bridge - so sollten die neuen CPUs von Intel heißen. Nun sind sie draußen und setzen die Reihe der ix-CPUs fort, allerdings mit vierstelligen Nummern im 2000er-Bereich. Werfen wir einen näheren Blick auf sie!

Neuer Sockel 1155

Als erstes geht die Umstellung mit einem neuen Sockel einher. Zwar unterscheidet sich dieser in der Nummer (1155=Anzahl der Kontakte) nicht wesentlich von seinem Vorgänger (1156), aber da er in der Spannungsversorgung komplett anders aufgebaut ist und auch sonst andere Kontakte enthält, sind die beiden nicht kompatibel. Neuer Prozessor heißt dann also hier: Eine neue Hauptplatine muss her. Der S1156 hat ja noch einen "großen Bruder", den S1366 - der soll für "High-End-Systeme" erstmal erhalten bleiben. Wegfallen soll aber endgültig der S775. Er stammt noch aus der Pentium-Zeit, hat aber bis zu Core2Quad-Prozessoren seinen Zweck gut erfüllt. Für den S1156 hingegen gab es nur die erste Serie der i3-, i5- und i7-CPUs, und er lebte jetzt gerade so ca. 1-1/2 Jahre.

Neue CPUs

Die neuen CPUs haben jetzt vierstellige Nummern - alle im 2000er-Bereich. Damit kann man also leicht unterscheiden, ob S1156 (3stellige i-Nummern) oder der S1155 (vierstellige) vorliegt. Tatsächlich hat sich intern eine Menge getan. Nicht nur haben diese CPUs jetzt grundsätzlich einen Grafik-Kern integriert, sondern sie wurden auch neu "designt", wobei einige grundsätzliche Veränderungen eingetreten sind. Neu ist zum Beispiel, dass jetzt die CPU und die Grafik-Einheit auf einem gemeinsamen Stück Silizium sitzen und in einem 32nm-Prozess gefertigt wurden. Bei den Vorgänger-CPUs, von denen nur einige die "interne" Grafik hatten (s. diesen Artikel über die ix-CPUs), saßen die beiden Chips zwar auf einem gemeinsamen Träger, die Grafik aber war in 45 nm, die CPU in 32nm gefertigt. Das Bild hier zeigt die beiden CPUs im Vergleich (links die "alte", rechts die "neue" Variante).

Wichtig ist, dass die Grafikeinheit sich nicht nur einfach auf dem gleichen Stück Silizium befindet wie der CPU-Kern, sondern dass sie vollkommen in diesen integriert ist - so benutzen z.B. Grafik und CPU beide den prozessorinternen Smart-Cache. Intel nennt diese Baureihe "2nd Gen Intel Core Processors".

Intel hat 2007 die "Tick-Tock-Strategie" eingeführt, bei der einem "Tick" = einem neuen Produktionsprozess mit kleineren Strukturen, immer ein "Tock", also eine neue Prozessorstruktur folgt. Der jetzige Schritt war also ein "Tock" - untenstehende Grafik zeigt die momentane Intel-Strategie auf dieser Basis.

In der Mikroarchitektur hat sich tatsächlich eine Menge getan - die Einzelheiten wären sehr technisch, sodass ich hier auf eine nähere Erläuterung verzichte. Es sei aber z.B. eine Art "Ringbus" erwähnt, der prozessorintern die verschiedenen Komponenten miteinander kommunizieren lässt. Eine von Intel bisher nicht verwendete Methode, die hier erfolgreich ihre Anwendung findet.
Neu ist auch die erweiterte Einführung von AVX (Advanced Vector Extension): Hierunter ist eine Weiterentwicklung von SSE mit nun 256-Bit-Daten zu verstehen. Dies führt unter anderem zu schnellerer Video-Decodierung (in der CPU!), damit auch schnellerer Bildbearbeitung, es unterstützt aber auch Verschlüsselungsalgorithmen (auch im HD-Bereich) genauso wie 3D.

Der "Die", also die Siliziumstruktur, sei hier mit kommentierten Funktionsgruppen dargestellt.

Der "System-Agent" z.B. ist eine der neuen strukturellen Veränderungen. (Möchte sich jemand wirklich genauestens über die technischen Einzelheiten informieren, wird er sicher hier fündig: http://www.realworldtech.com/sandy-bridge/1/).

Highlights

In der untenstehenden Grafik sind technische und werbeträchtige Elemente ein bisschen vermischt.

Schauen wir uns das mal der Reihe nach an. Als erstes wäre die Turbo-Boost 2.0-Technologie. TB bedeutete bisher, dass - falls Software nur einen der Kerne benutzte - dieser höher getaktet werden konnte. Turbo Boost 2.0 kann jetzt bei 1, 2 oder 3 Kernen eingesetzt werden, und beschleunigt diese ein bisschen (3 Kerne) bis stark (1 Kern). Betrachten wir dies am i7-2600, dann bedeutet das, dass dieser Prozessor, der normal mit 3,4 GHz getaktet ist, mit TB 2.0 bis auf 3,8 GHz (bei der Nutzung nur eines Kerns), 3,7 GHz (bei 2 Kernen) oder 3,5 GHz (3 Kerne) hochgetaktet werden kann. Besonders interessant ist, dass - unter Ausnutzung der "Langsamkeit" von Wärmeleitung - sogar noch höhere Übertaktungen möglich sind: und zwar sogar weiter als bis zur maximalen Leistungsaufnahme (TDP, 45, 65 oder hier 95W) - aber nur für maximal 30 Sekunden. Auch die Grafikeinheit kann übertaktet werden: hier sind 1350 MHz statt normalerweise 850 MHz möglich.
Hyperthreading kennen wir schon: Ein zweiter virtueller Kern - unterdessen allerdings tatsächlich mit einem eigenen Registersatz - wirkt streckenweise wie ein tatsächlicher zweiter Kern und macht zum Beispiel aus 4 Kernen 8 "Threads" bzw. "Tasks".
Die Intel HD-Graphic 2000/3000 ist die schon beschriebene CPU-eigene Grafik. Die 3000er-Version gibt es nur in den "K"-Versionen der CPUs (unten mehr) - sie hat 12 statt 6 "Execution-Units" und belegt in der Top-CPU der derzeitigen Serie mit sage und schreibe 995.126.547 Transistoren ca. 215 mm2. Die Grafikeinheit unterstützt immer DirectX 10.1, Open GL 3.0 und das Shader-Model 4.1. Insgesamt wird die Leistung dieser Grafik meist mit "wie eine Einsteigergrafikkarte" beurteilt.
Hinter Intel Quick Synch Video verbergen sich hardwarebeschleunigte Prozesse beim Editieren, Codieren, Schneiden etc. von Videos. Hier profitiert der Prozess von den integrierten Komponenten im Zusammenspiel der CPU- und Grafik-Teile, die besonders auf das Encodieren von H.264 (HD-Video) und MPEG2 (Video und Audio) zugeschnitten sind. Corel, Arcsoft und Cyberlink zum Beispiel haben schon entsprechend modifizierte Routinen programmiert.
InTru 3D muss wohl nicht näher erläutert werden - mit "Shutter"-Brillen kann hier 3D-Material in 1080p und 120 Hz stereoskopisch über HDMI 1.4 ausgegeben werden.
Das Wireless Display lassen wir hier einmal - wie alle Notebook-Aspekte - außer Acht, der Name erklärt sich aber von selbst.
Clear Video HD zielt auf das Abspielen von BluRays und bringt durch neue, verbesserte Komponenten eine natürlichere Hauttonwiedergabe, einen besser abstimmbaren Farbumfang, eine automatische Kontrastanpassung (z.B. bei Unterbelichtungen)  und ist schließlich auch die Grundlage für 3D über HDMI. Unterdessen erfolgt alles unter Berücksichtigung der Verschlüsselungen für den jeweiligen Kopierschutz. 
Über die AVX-Intstructions habe ich oben schon etwas geschrieben.

Also: eine Menge neuer Technik - und alles in der CPU!

Ausstattung und Anbindung

Das untenstehende Bild zeigt die Zusammenhänge nochmal in einem etwas technischeren Kontext auf:

Nur kurz: "LLC" ist der Last-Level-Cache, (früher 3rd-Level genannt) - also der gemeinsam von CPU- und Grafik-Teilen genutzte "Smart-Cache". Die "Leiter mit den roten Sprossen" symbolisiert den oben erwähnten Ringbus. Nun kann man aber hier noch mehr erkennen: Die CPU hat auch - dass kennen wir schon von den 3-stelligen ix-Prozessoren - Speichercontroller an Bord. Hier sind es zwei RAM-Kanäle, die jeweils 2 Module von bis zu 8 GB ansteuern können. Insgesamt bringt dies im Dual-Channel-Betrieb bis zu 32GB DDR-III-RAM an die CPU. Ein Display-Port ist auch in die CPU integriert, und im PCI-Express-Bereich (übrigens nun PCI-Ex. 2.0, was schonmal grundsätzlich eine doppelt so hohe Durchsatzrate bringt wie bisher) kann die CPU eine 16x- oder zwei 8x-Grafikkarten ansteuern. Die Nutzung dieser schaltet allerdings sofort die interne Grafik ab.

Noch deutlicher werden die technischen Details im Blockdiagramm eines PCs, der um die neue CPU herum gebaut wird. Zentrales Element ist dazu ein Chipsatz aus der 60er-Reihe - hier wurde der H67-Express genommen. Er ist für weitere Video- und Audio-Anbindungen zuständig, steuert bis zu 14 USB-Ports an (allerdings nur USB 2.0 ) und kann bis zu 8 weitere PCI-Epr.x1-Steckplätze ansteuern. PCI soll also aussterben - aber die meisten Board-Hersteller packen einen "Bridge-Chip" mit auf die Platine, der dann doch wieder ein oder zwei PCI-Steckplätze erlaubt. (Das gleiche gilt für USB 3.0.) Gigabit-LAN und 6 S-ATA-Ports (teilweise mit 6 GB/s) sind unter anderem auch mit dabei.

Interessant ist, dass dieser Chip (Plattform-Controller-Hub nennt Intel jetzt diese gegenüber früher mit deutlich reduziertem Funktionsumfang ausgestatteten Bausteine) mit einer sehr hohen Datenrate an die CPU angebunden ist und Grafik sowie RAM ja jetzt gar nicht mehr über diese Verbindung gehen! Gegenüber den Core2-CPUs verspricht dieses neue Design eine drastische Performance-Steigerung.

Varianten

Wie oben schon erwähnt, gibt es die CPUs teilweise in verschiedenen Varianten, die sich durch keinen oder einen angehängten Buchstaben unterscheiden. Die "normalen" Desktop-Prozessoren haben keinen solchen zusätzlichen Buchstaben. Ein „K“ kennzeichnet die CPUs für Overclocking-Fans; er bedeutet einen frei wählbaren Multiplikator, die Erhöhung wird nur begrenzt durch die TDP (Thermal Design Power), also die maximale Leistungsaufnahme (und auch hier soll es eine Ausnahme in Form einer "Extreme Edition" geben). Ein "S“ steht für „Low Power“, also einen Prozessor mit deutlich geringerer TDP - eine typische, weil dann ohne großen Lüfter besonders leise konzipierbare, "Wohnzimmer"-CPU. Das „L“ steht (angeblich) für „Lifestyle“ und beschreibt eine CPU zwischen „S“ und „normal“ (spieletauglicher?).

An den Start gebracht hat Intel  alle Varianten mit vier Kernen. Das Flaggschiff dieser Reihe ist der Core i7-2600 (für mehr als 250€) - der kleinste Quad-Core ist der i5-2300 (für weniger als 150€) . Dazwischen liegen einige Modelle, weitere erscheinen in kürzeren Abständen.
Ersetzt werden dadurch die Reihen Core i3-5xx, Core i5-6xx, Core i5-7xx und Core i7-8xx - also eigentlich die gesamte bisherige Mittelklasse. Das absolute Flaggschiff ist nun immer noch der "alte"  i7-980X mit seinen 6 echten und 12 virtuellen Kernen. Auf dem zweiten Platz - wenn man den Computerzeitschriften glauben darf - aber liegt schon der neue Core i7-2600K, und auch der dritte im Ranking ist eine "Neuer": der Core i5-2500.
Wie die Grafik zeigt, ist Intel diese zweite Generation der ix-Prozessoren ein eigenes Logo wert.

Ausblick

Die Roadmap oben hat's ja schon gezeigt - der nächste "Tick" ist auch schon geplant: in der neuen 22nm-Technologie wird der "Ivy-Bridge"-Prozessor entwickelt. Die Richtung ist die gleiche wie jetzt: mehr Multimedia- und Verschlüsselungsleistung im Chip. 2011/2012 sollen diese CPUs auf den Markt kommen: die Grafik wird DirectX 11 unterstützen, eventuell soll 1GB eigener (Grafik-?-)Speicher „on Die“, also auch auf dem Chip sein. Die gute Nachricht: auch diese CPUs sollen auf dem Sockel 1155 laufen.

Es bleibt spannend!

(Alle Grafiken von intel.de oder intel.com.)

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M5543, Schriftführer und Leiter der RG600 im AUGE e.V.

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