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Manchmal kommt es anders, als man denkt. Kaum war der Artikel über den OYO fertig und erschienen, erzählte mir eine weitläufig Bekannte, nachdem ich den OYO erwähnt hatte, dass sie neuerdings einen Amazon Kindle besäße. Oh! Die Gelegenheit, die Geräte direkt nebeneinander zu vergleichen, ließ ich mir nicht entgehen! So kam es zu einem gemütlichen Kaffeeplausch.

Preislich wenig Unterschied

Preislich liegen die beiden Geräte in derselben Klasse, wenn man die Versandkosten mit einrechnet und den Kindle ohne eigenen Internet-Anschluss wählt, also das reine WiFi-Gerät ohne 3G.

Da der Kindle momentan nur auf dem amerikanischen Markt zu bekommen ist, zahlt man zu den 139 $ Gerätekosten noch 50 $ Versand und Zoll. Nach momentanem Wechselkurs sind 190 $ ca. 150 Euro, also nur wenig mehr als der OYO, der für 139 Euro inkl. Versandkosten zu bekommen ist.

Unterschiedliches Gehäusekonzept

OYO und KindleBeide Geräte nebeneinander gehalten wirken schon recht unterschiedlich: Der OYO ist ein sehr kompaktes Gerät, mit umlaufend gleich breitem weißen Rahmen um das 6"-Display. Die Unterseite ist mit haptisch ansprechendem, hellgrauen, samtweichen Gummi beschichtet.  Der Kindle dagegen ist schwarz gehalten, um einiges dünner als der OYO und - auffälligster Unterschied - mit einer kleinen QWERTY-Tastatur ausgestattet nebst Navigationsschalter und diversen Funktionstasten und dadurch mehr in die Länge gezogen. Im Vergleich zum OYO (154 mm x 124 mm x 11 mm) hat der Kindle die Abmessungen 190 mm x 123 mm x 8.5 mm. Auf der Küchenwaage nachgemessen wiegt er 10 g weniger als der OYO (der 240 g wiegt), wirkt aber leichter. Auch er ist auf der Unterseite mit einer samtartigen Gummischicht versehen, die dafür sorgt, dass das Gerät nicht so leicht wegrutscht und sich angenehm anfühlt.

Das Display

Es wird gesagt, der Kindle werde deswegen in schwarz ausgeliefert, weil dadurch der Kontrast des Displays noch besser zur Geltung kommt. Das kann sein. Insgesamt ist das Kindle-Display kontrastreicher und wirkt schärfer als das des OYO.

OYO Kindle Display DetailDer Displayhintergrund des OYO ist in einem warmen Mittelgrau gehalten, die Buchstaben werden in dunkelgrau dargestellt. Das wirkt anfangs irritierend, bei ausreichendem Licht ist der OYO allerdings sehr lesefreundlich. Im Vergleich dazu hat der Kindle einen kaltgrauen Displayhintergrund mit annähernd schwarzen Buchstaben. Das macht ihn durch den größeren Kontrast noch lesefreundlicher, wenn die Lichtverhältnisse nicht ganz ideal sind - zu hell oder zu dunkel - oder wenn man das Gerät etwas gekippt hält.

Beide Displays können um 90 Grad gedreht werden. Nein, das ist nicht ganz korrekt ... Der OYO besitzt einen Sensor, der die Anzeige automatisch dreht, wenn man das Gerät dreht, entweder hochkant oder 90 Grad gegen den Uhrzeigersinn (so dass man das Gerät im Uhrzeigersinn dreht, um den Text zu lesen). Die Automatik hatte ich im Dauertest schnell ausgeschaltet. Lektüre im Bett, bei der man die Liegeposition ändert, führt oft unbeabsichtigt zur Drehung des Bildschirminhalts, was bei dem langsamen Bildschirmaufbau des OYO schnell unangenehm wird. Der Kindle hat keine automatische Bildschirmausrichtung. Dafür kann der Inhalt aber um 90, 180 und 270 Grad gedreht werden. Das braucht sicher nicht jeder, aber wer es braucht, bekommt es. Die Funktionstasten werden der jeweiligen Lage angepasst.

Navigation: Touch me - or not

Der OYO besitzt ein Touchscreen, der Kindle nicht. So ein Touchscreen ist zwar eine ganz witzige Sache, aber auch hier im Dauertest manchmal störend: Da der Rand des OYO nicht allzu breit ist, kommt man beim Lesen oft mit dem Finger auf den Screen. Dann blättert er entweder vor oder zurück oder blendet die Lesezeichenfunktion oder das Menü ein - und das in gewohnt langsamem Tempo. Über die pfrickelige On-Screen-Tastatur hatten wir ja schon berichtet. Der Kindle hat die Tastatur unterhalb des Displays. Eine amerikanische Tastatur ohne Umlaute und mit vertauschtem z und y, da das Gerät ja (bisher?) nur für den amerikanischen Markt produziert wurde. Auch diese Tastatur ist sehr kleinteilig, durch die schnellere Reaktionszeit des Kindle aber sehr viel leichter zu bedienen. Wenn man kein allzu arger Grobmotoriker ist, kommt man mit den Kindle-Tasten schon recht gut zurecht. Die Navigation auf dem Gerät und im Amazon-Shop ist aber etwas hangelig und klickintensiv.

Die Geschwindigkeit des Kindle ist sehr gut. Blättern oder navigieren funktionieren mit sehr geringer Verzögerung. Auch der Amazon-Shop und der Internetbrowser sind einigermaßen zügig bedienbar.

Woher kommen nun die Bücher?

Der deutsche Amazon-Shop wird vom Gerät selbst nicht unterstützt, es gibt nur eine Anbindung an den amerikanischen Shop bei amazon.com. Dementsprechend ist die Auswahl deutschsprachiger eBooks noch sehr viel geringer als beim OYO. Weiterer Wermutstropfen: ePub-Dateien werden nicht unterstützt. Die meisten deutschsprachigen eBooks sind aber ePubs, schon alleine weil diese mit einem Kopierschutz ausgestattet werden können. Besitzt man ePubs ohne Kopierschutz, kann man sie mit z.B. der Open-Source-Software Calibre ins .mobi-Format umwandeln und einlesen. Der OYO dagegen kann ePub-Dateien, geschützt (mit entsprechender Adobe ID) oder ungeschützt problemlos anzeigen und damit Bücher, die auf dem deutschen Markt zu finden sind, anzeigen.

Weitere Details

Langsamer wird auch der Kindle mit großen PDF-Dateien. So gab es im Dezember kostenlose Downloads von Fachbüchern als PDF, deren eines ich heruntergeladen und die gut 85 MB frecherweise der Bekannten auf den Kindle gepackt habe. Einen kurzen Moment hat er gebraucht, auf Seite 830 vorzublättern, allerdings kein Vergleich zum OYO.

Der OYO hat einen eingebauten Speicher von 2 GB, der mit MicroSD-Karten auf bis zu 32 GB erweiterbar ist. Erweiterungsmöglichkeiten gibt es beim Kindle nicht. Vom eingebauten 4 GB Flashspeicher können 3 GB für Dokumente verwendet werden. Da "echte" eBooks in der Regel sehr viel kleiner sind als PDF-Dateien, kommt man mit dieser Kapazität allerdings ziemlich weit. Beim wie erwähnt schwachen Angebot dürfte es im Moment eher schwer fallen, den Speicher zu befüllen. Übrigens sind die eBooks aus dem Amazon-Angebot vergleichsweise preiswert, während hierzulande ein eBook nur einen sehr geringen Preisvorteil gegenüber der Druckversion bringt.

Im Gegensatz zum OYO kann man im Kindle Textpassagen markieren. Sie werden dann gesondert zum Buch gespeichert. Da es den Kindle-Reader auch als kostenlose Software für PC und Mac gibt, kann man hier möglicherweise die markierten Passagen und Notizen mit dem Rechner synchronisieren. Das konnte ich allerdings nicht ausprobieren. Es wäre ein entscheidender Mehrwert des Kindle gegenüber dem OYO, dessen Lesezeichenfunktion durch die Langsamkeit des Geräts schon wenig praktikabel ist.

Fazit

Lesbarkeit und Schnelligkeit sind ein Argument für den Kindle. Das Angebot an deutschen Büchern eines für den OYO. Die Handhabung ist Geschmackssache, mir gefällt der Kindle tatsächlich etwas besser als der OYO. Verarbeitet sind beide Geräte einigermaßen gut (man möchte keines auch nur aus 10 cm Höhe fallen lassen), mit beiden kann man sich sehen lassen.

Dem Kindle wurde kein Steckernetzteil beigelegt, dafür ein doppelt so langes USB-Kabel wie dem OYO. Für ein paar Euro kann man sich aber ein USB-Steckernetzteil besorgen, wenn man den Kindle nicht immer am Computer aufladen möchte.

Die Benutzerführung ist bei beiden Geräten nicht kompliziert, beim Kindle aber einfach nur durch die Geschwindigkeit sehr viel geschmeidiger.

Wenn man es darauf anlegt, kann man beide Geräte sehr gut ohne die Anbindung an die jeweiligen Online-Shops verwenden, da Bücher einfach nur per USB auf den Rechner geladen werden können.

Dem Kindle merkt man schon an, dass hier die dritte Gerätegeneration an den Start gegangen ist und ein großer Erfahrungsschatz in die Entwicklung eingeflossen ist. Sollte der OYO sich auf dem deutschen Markt etablieren und auch weiter entwickelt werden, steht ihm eine glänzende Zukunft bevor, die mit dem Kindle schon begonnen hat.

Bezugsquellen

Thalia: OYO
Amazon: Kindle

Kommentare

Martina Rüdiger (m7252)