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OYOAb dem Herbst 2010 war er in diversen Onlineshops angekündigt: der OYO, ein eBookreader für 139 Euro in schickem Design. thalia.de, buch.de und bol.de bieten den kleinen elektronischen Bücherschrank in ihren Shops an, jeweils mit Verbindung der eBooksoftware zu den jeweiligen Anbieterseiten, um Lesefutter herunterladen zu können.

AUGE e.V. bat thalia.de um seine Mitarbeit: Wir wollen gerne einmal einen eBookreader testen, und das möglichst mit mehreren Mitgliedern, und unsere unterschiedlichen Wahrnehmungen und Blickwinkel berichten. Und so hat thalia.de auch dankenswerterweise ein Testgerät bereitgestellt, das auch in einigen RGs vorgeführt wurde.

In Empfang genommen wurde das Gerät von Jürgen Thau (dessen Texte ich in einer anderen Schriftfarbe und eingerückt hervorhebe) in der RG600. Er bekam damit das jungfräuliche Gerät in die Hand und machte seine ersten Erfahrungen mit einem eBookreader. Aber schon am Anfang erwies sich das Gerät als ...

Widerspenstig

Nach dem Einschalten dauert es ca. 20 Sekunden, bis die Startseite erscheint, wo man seine Bücher auswählen kann.

Sehr mühsam ist das Eintippen des Passwortes auf dem berührungsempfindlichen Display. Die Buchstaben-"Tasten" sind so klein, dass man mit normal großen Fingern ständig daneben tippt. Leider funktioniert der Eingabestift von meinem Palm nicht auf diesem Display, das hätte das Problem mit den zu kleinen Tasten verbessert. Außerdem ist die Anzeige der Zeichen sehr träge - zwischen dem Drücken und dem Moment, wo der Buchstabe erscheint, vergeht zum Teil eine halbe bis eine Sekunde. Nach etwas Übung gelingt es mir dann endlich das WLAN-Passwort einzutippen und der OYO verbindet sich mit dem WLAN-Router.

Kurz danach ist er auch im Internet und jetzt soll ich mich erstmal registrieren ... Das mache ich aber lieber mit dem PC, sonst bin ich morgen noch am Tippen.

Nachdem das erledigt ist, kann ich mich endlich mit dem OYO auf thalia.de einloggen. Dort bekommt man dann noch einmal 14 Seiten AGBs präsentiert, die man akzeptieren muss, um weiterzumachen. Wozu habe ich die eigentlich bei der Registrierung auf thalia.de schon bestätigt? Anschließend wird man gefragt, ob man bereits eine Adobe-ID hat, falls man dies verneint, wird automatisch eine neue angelegt und das Gerät registriert.

Jetzt erst einmal einen Blick in den Online-Shop werfen. Als erstes schaue ich nach den kostenlosen Leseproben, da auf dem Testgerät noch keine Bücher vorinstalliert sind. Nach 10 Minuten gebe ich entnervt auf. Das ist mir zu mühsam. Das Eintippen eines Suchbegriffes ist mir dieser Bildschirmtastatur dermaßen umständlich. Das würde ich nur im äußersten Notfall benutzen, wenn ich absolut keine andere Möglichkeit habe, ein eBook auf den OYO zu bekommen.

So, neuer Versuch eine Leseprobe downzuloaden. Auf der Website von thalia.de findet man die leider nicht. Also noch einmal via OYO in den Thalia-Shop. Mittlerweile bin ich mit der fummeligen Bildschirmtastatur etwas vertrauter und die Zahl der Tippfehler ist deutlich gesunken (im Klartext: auf ca. 10% nach anfänglichen 40 - 50%). Dann nach "Koch offline" gesucht... und Treffer (es handelt sich um das Buch "Ich bin dann mal offline - Ein Selbstversuch. Leben ohne Internet und Handy" von Christoph Koch"). Sinnvollerweise wird nur das eBook angezeigt. Und da findet sich jetzt auch ein Button mit der Aufschrift "Leseprobe". Vorsichtig angeklickt, denn direkt darüber ist der "Kaufen"-Button. Es erscheint die Meldung, dass der Download noch einen Moment braucht und dann: "Herzlichen Glückwunsch! Ihr neues eBook wird in Ihre Bibliothek heruntergeladen.

Der OYO erreicht mich per Paketdienst und ich packe es sofort aus: In einem buchschuberähnlichen Karton befinden sich das Gerät, eine Kurzanleitung, das Steckernetzteil und ein USB-Kabel, das sowohl ins Netzteil als auch in den Rechner gestöpselt werden kann. Ich überfliege die Gebrauchsanleitung nur sehr kurz und schließe das Gerät erst einmal ans Stromnetz an, um den Akku wieder aufzuladen. Vorher teste ich noch kurz, ob das Mini-USB-Kabel, das immer an meinem Rechner hängt, an den OYO passt. Tut es leider nicht, also kann ich nicht einfach meine Standardkabel für das Gerät verwenden, schade.

Nachdem ich das Gerät eingeschaltet habe - zweimal, weil ich Jürgens Bericht nicht gelesen und gedacht hatte, ich hätte den Knopf nicht fest oder lange genug gedrückt, bekomme ich auch gleich angezeigt, was Jürgen da angestellt hat: "Jürgen Thaus Bücherregal" prangt in großen Lettern oben auf der Startseite. Ich probiere aus, wie intuitiv das Gerät ist. Ein paar Leseproben sind auf dem Gerät zu finden und ich versuche sie gleich zu öffnen. Es dauert eine ganze Weile bis ich kapiere, dass das Gerät einwandfrei funktioniert, ich aber einfach zu ungeduldig bin. Misstrauisch gehe ich davon aus, dass der OYO abgestürzt ist. Stattdessen braucht er mehrere Sekunden, bis sich Bücher oder Menüpunkte öffnen oder weitergeblättert wird. Diese Langsamkeit bleibt eine der störendsten Eigenschaften für mich, während ich den OYO teste. 

OYO StartbildschirmIch gehe also zu meinem virtuellen Bücherregal und wähle die Leseprobe aus. Es sind 23 Seiten. Das ist okay, sowas ist für mich eine ordentliche Leseprobe. Als nächstes muss ich erstmal ins Menü und zwei Zoomstufen höher schalten, sonst ist mir das Lesen zu mühsam.

Danach ist es besser. Das Format des OYO ist sehr angenehm. Das Gerät liegt gut in der Hand, ist sehr leicht (leichter als jedes Buch) und die Tasten zum Blättern sind gut erreichbar - egal ob man im Quer- oder Hochformat liest. Das Querformat funktioniert übrigens in zwei Orientierungen. Einmal mit den Knöpfen unten und einmal oben. Das Hochformat kann man dagegen nicht auf den Kopf stellen. Linkshänder müssen also mit den Bedienknöpfen auf der rechten Seite leben.

Ich blättere mich erst einmal durch die diversen Menüpunkte: den Shop, die Einstellungen, bevor ich das Lesen an sich teste. Was mich aber auf jeden Fall schon einmal stark irritiert ist der graue Bildschirmhintergrund des OYO, auf dem die Buchstaben nicht in reinem Schwarz, sondern in einem dunklen Grau erscheinen. Kontrasteinstellungen kann man an dem Gerät aber nicht vornehmen. Man braucht eine recht helle Umgebungsbeleuchtung, um vom Display lesen zu können, bei diffusem Licht wird der Kontrast zu schwach und die Buchstaben sind nicht mehr gut zu erkennen. Also setze ich mich in Position und aktiviere meinen WLAN-Anschluss. Mal abgesehen davon, dass die Eingabe eines 12-stelligen Sicherheitsschlüssels mit der On Screen-Tastatur kein Vergnügen ist, funktioniert das reibungslos. Ich bekomme noch die Meldung, dass eine neue Firmwareversion bereitsteht, und dann lasse ich das Gerät auch erst einmal für eine Weile in Ruhe: Firmware herunterladen und installieren und nebenher noch Strom tanken. Im Kopf habe ich derweil Ideen, welche Dokumente ich gerne einmal auf dem OYO lesen möchte.

Dateien auf den OYO laden

Wie um alles in der Welt lade ich Dateien auf das Gerät? In der Kurzanleitung finden sich nur Hinweise über die Verbindung zum thalia-Shop. Da will jemand den geringen Kaufpreis kompensieren durch den Verkauf von Büchern im Onlineshop.

Der Online-Shop

Hm, irgendwie scheint mir die Suchfunktion auf der OYO-Shopseite nicht so ganz ausgereift zu sein. Die Suche nach "Patterson" liefert mir ganze zwei Suchergebnisseiten mit 7 Treffern, die auch nicht alle von diesem Autor sind, bzw. von diesen Autoren - es gibt nämlich mehrere. Die gleiche Suche unter "eBooks" bei thalia.de liefert dagegen 24 Treffer. Darunter auch der Roman "Todesbote" von dem es eine Leseprobe geben soll. Hm, aber wo ist die? Der Textschnippsel auf der Website unter dem Tab "Leseprobe" ist ja wohl nicht ernsthaft gemeint. Gerade mal 509 Wörter von den Seiten 175-176 (von insgesamt 368 Seiten - ein Witz! Und vor allem nicht zum downloaden. Also gibt es zwei Arten von Leseproben: die Textschnippsel auf der Website und die "richtigen", wenn man direkt den OYO-Shop benutzt. Okay, ich verlasse erstmal den Thalia-Shop und schaue in meinem Fundus an eBooks. Man kann diese zum Glück auch per USB auf das Gerät laden. Das teste ich jetzt, damit ich endlich mal dazu komme die Hauptfunktionen des OYO auszuprobieren.

Nicht nur, dass das Surfen über den OYO, wie Jürgen schon festgestellt hatte, sehr mühsam ist, meinem Geschmack entspricht das Angebot des Thalia-Shops nicht unbedingt. Inklusive der englischen Ausgaben sind momentan rund 10.000 Titel im Angebot, Belletristik und Sachbücher. Schon an einem Autor wie Günther Grass scheitert der Shop: Sekundärliteratur dazu findet sich, nicht aber die Primärwerke. Nun ...
Auf dem Rechner befindet sich aber auch das eine oder andere PDF, das ich mir aus dem Internet heruntergeladen habe, das mir am Rechner zu lesen aber zu mühsam ist. Hauptsächlich kostenlose Fachliteratur habe ich in meiner Bibliothek, deren Lektüre mich immer wieder zum Internetausdrucker werden lässt; ich kann am Bildschirm einfach nicht vernünftig ermüdungsfrei lesen.

Ich suche in der Anleitung nach der Möglichkeit, eigene Dateien auf den OYO zu packen ... äh ...
Die Anleitung zu dem OYO befindet sich natürlich auf dem Gerät selber. Beigelegt ist nur eine kleine Kurzanleitung, die lediglich die Inbetriebnahme beschreibt.

Beide Anleitungen, kurz und lang, lassen mich in diesem Punkt im Regen stehen. Gott sei Dank hat Jürgen das ja getestet ...

Aufladen und Daten per USB überspielen

verbundener OYOAlso stöpsele ich mal das mitgelieferte USB-Kabel ein und schaue, was Windows dazu sagt. Erstmal nichts, denn der OYO fragt "Massenspeichergerät aktivieren? Das Gerät ist vorübergehend nicht bedienbar." Ich tippe also auf die Okay-Taste und schon erkennt Windows den OYO als zusätzliches Laufwerk - so wie einen USB-Stick auch - und zeigt ihn im Explorer als "eBookReader" an. Ein Klick darauf zeigt mir 4 Ordner, zwei versteckte und zwei sichtbare. Wohin die eBooks sollen, ist erstmal nicht klar, in den Ordner "Digital Editions"? Oder kann man sie auch direkt ins Root-Verzeichnis kopieren? Ich probiere letzteres und schaufele ein Sammelsurium an PDFs und Text-Dateien auf den OYO. Dazu noch ein paar JPEG-Bilder und einige MP3s (Hörbücher und Musikstücke), um auch die Klangqualitäten zu testen.

Ach ja, während der OYO mit dem PC verbunden ist, kann man ihn nicht benutzen. Ist nicht weiter schlimm, man wird ja vorher darauf hingewiesen. Jetzt noch ordnungsgemäß das Device in Windows abmelden... äh, was ist das? Der OYO merkt das offenbar nicht und verharrt im "Mit dem Computer verbunden"-Modus. Erst nach dem Abziehen des USB-Kabels erwacht er wieder zum Leben. Und siehe da, in meinem "Bücherregal" erscheinen jetzt die Dateien, die ich gerade hochgeladen habe.

Auch mein PDF erscheint auf dem OYO. Besser noch: Ein vorhandenes epub lässt sich problemlos öffnen, zeigt mir das Buchcover an und enthält eine navigierbare (das bedeutet verlinkte) Inhaltsangabe. Aber wer versucht, über den Touchscreen die einzelnen Inhaltspunkte zu erreichen, muss wirklich zitterfrei sein. Praktikabel und benutzerfreundlich ist das nicht.

Bedienungsschwächen

Ich rufe die erste Datei auf: Die PDF-Dokumentation zu YAML mit 149 Seiten. Das ist natürlich nicht für einen eBook-Reader optimiert, sondern ein normal großes Buch. Dementsprechend kann man erstmal nichts lesen auf dem 6" großen Display - zumindest nicht ohne Lupe. Mit Lupe ist das durchaus möglich, denn das Display ist zeigt ein sehr scharfes Bild. Ich gehe erstmal zurück in die Einstellungen und drehe die Ansicht auf Querformat. Was aber keinerlei Wirkung zeigt. Nächster Versuch: die Schriftgröße mal auf Maximum stellen. Dazu klickt man unten auf "Menü" und gelangt so auf eine Einstellungsseite. Zu meiner Enttäuschung zeigt auch das keine Wirkung. Die Seite verharrt in ihrer unlesbaren Größe.

Einstellungsmöglichkeiten OYOAh, da eine weitere Einstellmöglichkeit "Fit to Page", okay, das übersteuert wohl die anderen Einstellungen... ein Klick auf den Pfeil daneben sollte noch weitere Einstellungen zeigen. Minutenlang steht ein "Bitte warten..." auf dem Display. Abgestürzt? Ja, tatsächlich. Na gut, teste ich doch mal den Reset-Knopf. Wenn ich ihn denn finde. Auf der Abbildung der Kurzanleitung gibt es keinen Hinweis. Erst weiter hinten in "Hilfe und Support" findet man einen Hinweis, dass der Reset-Knopf auf der Rückseite des Gerätes ist. Nach dem Neustart ging es dann besser. Allerdings ist das Umschalten zwischen den verschiedenen Anzeigemodi nicht nur eine zähe Angelegenheit. Zumindest bei diesem Buch gelang es mir erneut, den OYO abstürzen zu lassen, als ich in einen anderen Anzeigemodus wechseln wollte.

Absturzfreudig zeigt sich der OYO bei mir nicht. Das kann natürlich an der neuen Firmware-Version liegen, die bei mir Verwendung findet. Irritierend sind "Aussetzer", die das Gerät im laufenden Betrieb in unregelmäßigen Abständen zeigt. Es blendet dann für kurze Zeit den Bildschirminhalt aus, gerade so wie es das beim Umschalten auf eine neue Seite oder in ein Menü tut.

Was ich nicht so ganz kapiere: Ich stelle eine bestimme Ansicht ein, z.B. "Leseoptimiert" und wenn ich das nächste Mal in die Einstellungen springe, steht dort plötzlich eine ganz andere, jetzt z.B. "Reflow" (was auch immer dieses Denglisch-Wort bedeuten soll). Das ist ein klein bisschen nervig. Irgendwie scheint auch die Einstellung für die Ausrichtung nicht ganz fehlerfrei zu sein. Stelle ich auf "Querformat" wird dies ignoriert, die Anzeige bleibt im Hochformat. Erst wenn ich auf "automatisch" einstelle, schaltet die Anzeige in die Queransicht, sobald ich den OYO drehe. Dabei fällt mir auf, dass es beim Aufruf des Menüs - das unpraktischerweise immer im Hochformat angezeigt wird - mit anschließendem Wechsel des Zoomfaktors oder Änderung des Anzeigemodus, und anschließender Rückkehr zur Buchansicht, dieses immer im Hochformat erscheint. Und dann dauert es eine ganze Weile, bis der OYO wieder zum Querformat zurückschaltet (wohlgemerkt: ich habe das Gerät dabei die ganze Zeit quer gehalten!). Bei dem 149-Seiten-Buch dauert das Umblättern oder Verschieben des Anzeigebereiches mit dem Finger unsäglich lange - 10 bis 15 Sekunden! Vielleicht liegt es an der PDF-Datei. Ich versuche also eine andere.

Ja, es dauert lange. Aber man gewöhnt sich daran. Ich habe den OYO einem Dauertest unterzogen und über mehrere Wochen dicke Bücher gelesen. Nach einer Weile weiß man, an welcher Stelle im Text man den "Blättern"-Knopf drücken muss und macht das auch rechtzeitig.

Nächster Test: noch ein PDF, ein Buch über Drupal 5 vom Verlag Addison Wesley. Obwohl das 314 Seiten hat, hat der OYO damit weniger Probleme. Das Umblättern geht zügig und auch das Wechseln in andere Darstellungsmodi geht zügiger von statten. Wobei auch hier das Umschalten in den "Leseoptimiert"-Modus einige Zeit in Anspruch nimmt. Kann man aber mit leben, denn man schaltet ja nicht dauernd hin und her, wenn man einmal die richtige Einstellung gefunden hat. Dann aber gleich der nächste Bug: Beim Blättern werden die Seiten plötzlich wieder komplett auf dem Bildschirm angezeigt: eine komplette Seite hochkant, während das Gerät quer gehalten wird. Spätere Seiten werden dann wieder korrekt angezeigt. Leider fehlen aber sämtliche Abbildungen. Schade, auch dieses Buch lässt sich mit dem OYO nicht lesen.

Als nächstes nehme ich eine knapp 600 kB große HTML-Datei. Nichts besonderes, einfach nur ein Roman in HTML-Form. Es gibt keine Bilder oder Grafiken. Es dauert wieder eine gefühlte Ewigkeit, bis der Text erscheint. Wieder viel zu klein und unlesbar. Also wieder ins Menü und zwei Stufen vergrößern. Wieder dauert es ewig, bis das Gerät eine Reaktion zeigt. Nach dem Zurückspringen ins Buch dann wieder das nervige Hochformat, obwohl ich den OYO die ganze Zeit quer gehalten habe. Einige Zeit später schaltet er dann ins Querformat um und die Anzeige auf kleinste Auflösung. Das kann doch wohl nicht wahr sein! Auch das ist damit nicht lesbar!

Reader-Ansicht OYOJetzt kommt ein echtes eBook an die Reihe: "Limit" von Frank Schätzing. Und endlich ein Erfolgserlebnis. Die Darstellung ist gut, das Blättern geht zügig und auch das Umschalten von Hoch- auf Querformat geht verzögerungsfrei. Ebenso das Zoomen. So macht das doch Spaß!

Nächster Versuch: eine Text-Datei, die ich mit Word abgespeichert habe. Hier ist die Darstellung tadellos. Problemlos lässt sich die Größe der Schrift einstellen. Das Bild ist sehr scharf aber bei weitem nicht so kontrastreich wie bei bedrucktem Papier. Der Hintergrund erinnert eher an das erste Recycling-Papier aus den 80er Jahren: ein dezentes Grau. Es gibt hier übrigens die Möglichkeit verschiedene Schriftarten auszuwählen. Zur Auswahl stehen "Bookman Oldstyle", "Rockwell", Helvetica World", "Stempel Garamond" und "PMN Caecilia".

Also für Textdateien ist das Ding gut. Jetzt mal eine Webseite anschauen, die ich in ein PDF gedruckt habe. Natürlich ist auch die zu groß für das kleine Display. Mal schauen, ob es mir diesmal gelingt den OYO anzupassen. Die Einstellung "Fortlaufend" ist jedenfalls ungeeignet. "Leseoptimiert" ist schon besser, aber für meinen Geschmack noch zu klein. "Originalgetreu" macht was es verspricht und zeigt einen Ausschnitt nebst Pfeilen am Rand, die zeigen, dass es da noch weitergeht. Mit einem einfachen "Fingerwisch" kann man in die gewünschte Richtung navigieren. Wobei auch hier die Reaktionsgeschwindigkeit des OYO etwas zu wünschen übrig lässt. Das Weiterspringen dauert fast 3 Sekunden! Das Zoomen funktioniert jetzt übrigens einwandfrei.

Die Navigation mit Gesten über den Bildschirm erweist sich im Dauerbetrieb als praktisch. Ich habe "Limit" vollständig am OYO gelesen. Kein Vergnügen, was aber eher an dem Buch liegt, das mir von Form und Inhalt nicht liegt. Egal, es ist ein dickes Buch (was man am OYO nur an der gigantischen Seitenzahl  von über 3600 sieht), und ich möchte wissen, wie gut so etwas mit dem OYO zu lesen geht. Und es geht gut. Anspruchslose Literatur, die man einfach nur ohne Notizen von vorne bis hinten durchblättert, läuft prima über das Display. Auch wenn der graue Hintergrund anfangs etwas befremdlich wirkt, in der Praxis zeigt sich, dass man am Display genauso ermüdungsarm liest wie ein normales Buch. Hintergrundbeleuchtete Monitore dagegen lassen mich nach ca. 2 Minuten abbrechen. Bei längerer Lektüre leidet mein Konzentrationsvermögen und die Augen fangen an zu tränen.

Über die Weihnachtsfeiertage gebe ich mir den OYO täglich über mehrere Stunden. Ausschalten tue ich allerdings die automatische Ausrichtung. Lesen im Bett oder auf einem Lesesessel, in denen man auch mal die Sitz- oder Liegeposition verändert und das Gerät von einer in die andere Hand nimmt, wäre sonst nicht störungsfrei möglich.

Praktisch: Der OYO merkt sich an welcher Stelle man ein Buch verlassen hat. Auch ohne Lesezeichen landet man immer dort, wo man den Text verlassen hat. Das hat schon seine Vorteile. Eselsohren gehören so der Vergangenheit an.

Extras - Bild und Ton

Bildbetrachter im OYODer Bildbetrachter, den man - ebenso wie den mp3-Player - über die "Extras" erreicht, glänzt auch nicht gerade durch Geschwindigkeit. Beim ersten Aufrufen dachte ich, das Gerät sei schon wieder abgestürzt, da es 20 Sekunden dauerte, bis er erschien. Auch das Weiterblättern geht nur zäh. Offenbar ist der eingebaute Prozessor mit der Berechnung der Vorschaubilder etwas überfordert. Auch bei einem Klick auf das Vorschaubild geht es nicht wirklich schnell, bis das Bild in voller Größe angezeigt wird. Erst wenn man erneut in den Bildbetrachter geht, erscheint dieser schneller. Etwas eigenwillig ist die Darstellung im Querbildmodus: Das Bild ist nicht Format füllend und klebt noch dazu am oberen Rand. Na gut, als Dreingabe ist das ganz akzeptabel - aber klar verbesserungsfähig.

Jetzt bin ich auf den MP3-Player gespannt. Die 3,5mm Klinkenbuchse ist Standard und erlaubt die Verwendung vorhandener Headsets. Getestet habe ich den OYO mit diversen Musik- und Hörbuchdateien, mit unterschiedlichen Lautstärken und Tonqualitäten. Von dem erwarte ich einen ordentlichen Sound, denn ich fände es schon praktisch, wenn man auch Hörbücher mit dem OYO nutzen könnte. Musik wäre natürlich auch schön. Die maximale Lautstärke ist gut und dürfte auch in lauter Umgebung ausreichend sein. Die Bedienung ist einfach. wobei die Bedienknöpfe auf dem Display auch hier gerne etwas größer sein dürften. Die Tonqualität ist na ja. Für Musikgenuss eher weniger geeignet, für Hörbücher aber völlig in Ordnung.

Weder die eine noch die andere Funktion habe ich getestet. Zum Bilder Betrachten nehme ich garantiert kein Medium, das nur schwarz-weiß ausgibt und als MP3-Player scheint mir das Gerät etwas zu klobig. Beim Lesen höre ich keine Musik und bei Hörbüchern schlafe ich immer ein. Meinetwegen hätten diese Features zugunsten z.B. einer besseren Performance bei der Geschwindigkeit wegfallen können.

Linux, das kann ja nicht ohne Probleme gehen!

Doch, natürlich ist Linux heutzutage ein Betriebssystem, das wenig Probleme bereitet. Aber es hat auch seine Haken. Von den getesteten Büchern wollte ich einige wieder löschen. Da ich das Gerät sowieso gerade am Rechner angeschlossen hatte, habe ich also einfach im Windows Explorer die Delete-Taste genommen. Aber Pustekuchen: Auf dem Gerät wurden mir die Bücher immer noch angezeigt. Beim Versuch eines Aufrufs kam dann aber nach einer Weile (ans Warten hat man sich ja schon gewöhnt) eine Fehlermeldung. Und wenn man ein Buch nicht mehr aufrufen kann, kann man es auch nicht vom Gerät aus löschen. Ja und nun? Googeln! Das ist natürlich schon einigen Benutzern passiert, klar dass nicht nur ich auf so eine blöde Idee gekommen bin. Ich stoße auf große Foren-Threads, die mich gleich erschrecken. "Gerät funktioniert nicht mehr", "eingeschickt an den Service", "defekter Speicher". Nun, ganz so dramatisch war es nicht. Aber auch nicht so einfach. Man kann versuchen, das gelöschte Dokument wieder per Explorer aufzuspielen. Wenn der OYO es dann erkennt, kann man es regulär öffnen und dann löschen. Das hat bei mir aber nicht funktioniert, jetzt war das eBook zweimal im Index.

Für den funktionierenden Weg braucht man einen Rechner mit Linux und z. B. Nautilus. Da der OYO mit Linux läuft, verstehen sich mein Netbook mit Ubuntu und der Reader prompt, und was ich in Nautilus lösche, verschwindet auch!

Adobe Digital Editions

Lästig in diesem Fall die eBooks aus eBookshops mit DRM. Nicht nur bei thalia.de, auch bei ciando.de und den anderen Onlineshops erhält man eBooks nur über Adobe Digital Editions. Um es kurz zu machen: Es wird ein Kopierschutz in die Dateien gespeichert. Um diesen zu personalisieren, registriert man sich bei Adobe, erhält einen persönlichen Code und kann dann nur auf einer bestimmten Anzahl eigener Rechner die eBooks auch lesen. Dem OYO kann man eine dieser digitalen Adobe-Identitäten einspeichern. Das führt aber dazu, dass immer nur ein OYO-Besitzer seine eigenen Bücher dort öffnen kann. Bücher mehrerer Eigentümer lassen sich nicht verwalten.

Wie blöd ist das denn? Die Buchindustrie sollte darüber nachdenken, inwieweit sie die Nutzung von eBooks wirklich einschränken möchte. Gedruckte Bücher konnte ich überall lesen, ich konnte sie verleihen und verschenken. EBooks kann ich nicht einmal problemlos auf unterschiedlichen Geräten lesen. Das verdirbt einem den Spaß zusätzlich!

Es gibt natürlich Möglichkeiten, das DRM zu entfernen und das eBook so zu entsperren. Das ist aber nicht erlaubt oder bewegt sich zumindest in einer Grauzone Die Debatte über die Nutzungsrechte digitaler Editionen hat noch nicht richtig begonnen, es wird noch viel zu diskutieren geben!

Jedenfalls ist das Aufspielen eines eBooks mit "falscher" Adobe-ID ein böser Fehler. Auch dieses lässt sich, da es sich nicht öffnen lässt, nicht normal vom OYO entfernen und muss über Linux gelöscht werden. Es bleibt ein sehr schaler Beigeschmack ...

Fazit

Das Gerät ist sehr handlich und leicht und passt gerade noch in die Jackett- oder Jackentasche. Die wenigen Tasten sind leicht zu bedienen. Das Touch-Display ist im Großen und Ganzen recht ordentlich. Es liefert ein gestochen scharfes Bild und ist auch bei starker Helligkeit sehr gut lesbar - im Gegensatz zu einem iPad beispielsweise. Da es keine eigene Lichtquelle besitzt, liest es sich bei schlechten Lichtverhältnissen nicht mehr gut. Bedingt durch den grauen Hintergrund ist dies früher der Fall als bei einem richtigen Buch. Für "richtige" eBooks ist das eine feine Sache. Man könnte praktisch eine ganze Bibliothek mitnehmen. Entsprechend produzierte eBooks und reine Textdateien lassen sich gut auf dem Gerät lesen. Zum Lesen von nicht optimierten PDF-Dateien ist der OYO dagegen nur bedingt geeignet. Zu schwerfällig ist teilweise das Umblättern und das Skalieren funktionierte mehrfach nicht oder nicht richtig. Auch das Umschalten zwischen Quer- und Hochformat muss noch verbessert werden. Allzu oft verhedderte sich die Software hier. Alles in allem besteht daher noch erheblicher Nachbesserungsbedarf bei der Software.

Für mich war das ermüdungsfreie Lesen die positivste Erfahrung mit dem OYO. Was ich mir gut vorstellen kann ist, Belletristik mit dem OYO zu lesen: einfach vor sich hinlesen, nicht weiter mitdenken. Fachbücher, wo ich mir große Hoffnungen gemacht hatte, würde ich damit allerdings nicht lesen wollen. Zwar kann ich Lesezeichen setzen, aber ich kann Textstellen nicht markieren. Und ich merke, dass ich eine andere Art zu Lesen gelernt habe und seit gut 40 Jahren kultiviere: Auch bei Büchern, die ich vor vielen Jahren gelesen habe, weiß ich z.B. ob bestimmte Textpassagen auf der linken oder der rechten Buchseite gestanden haben, Meine Orientierung innerhalb eines Texte hängt sehr stark mit dem Buch selbst zusammen und ich habe eine Art dreidimensionale Information gespeichert (und zwar im Hirn), die mir gleichzeitig auch noch hilft, die Inhalte durch diese Zuordnung leichter zu behalten. Das ist wie bei den Gedächtniskünstlern, die völlig abseitige Merksätze bilden, um sich endlose Zahlenkolonnen merken zu können. Derlei Orientierung fehlt mir im eBookreader total. Ich weiß nicht einmal mehr, ob Inhalte oben oder unten auf einer Seite standen. Das Lesen verflacht ins Zweidimensionale und damit ins Triviale. Möglich, dass das eine Übungsfrage ist. Nachfolgende Generationen, die vielleicht ihr Wissen über eBookreader oder Tablet-PCs beziehen, werden wahrscheinlich andere Lesestrategien entwickeln.

Technische Daten:

Abmessungen und Gewicht
Höhe: 154 mm
Breite: 124 mm
Tiefe: 11 mm
Gewicht: 240 g leicht

Bildschirm: 6" Bildschirmdiagonale (152 mm)
Electronic Paper, spiegelungsarm, Auflösung: 800 x 600 Pixel, 16 Graustufen
Bedienung: Touchscreen

Speicher: 2 GB Flash Memory (erweiterbar auf bis zu 32 GB)

Integrierter Thalia-eBook-Shop Angebot: Hunderttausende deutschsprachige eBooks (halte ich für ein Gerücht!)

Batterie für bis zu 8.000 Seiten ohne Nachladen, Akku: Li-Ionen 1200 mAh

Zugang zum Internet über WLAN:WLAN 802.11 b/g

eBook Formate: TXT, ePub, PDF, HTML
Bild-Formate: JPEG, PNG, BMP (in Graustufen)
Multimedia-Formate: MP3-Audiobooks & MP3-Musik

Lieferumfang: eBook Reader, Ladegerät, USB Kabel und Kurzanleitung inkl. Garantiekarte
Anschlüsse: MicroUSB/MicroSD; 3.5 mm Kopfhöreranschluss

Links

Homepage Thalia.de: www.thalia.de Homepage Buch.de: www.buch.de
Bestellseite OYO: Oyo - der eBook-Reader bei buch.de

Im Anhang befindet sich die Powerpoint-Präsentation von Jürgen Thau, die auf dem Treffen der RG600 vorgeführt wurde (diese ist nur für Mitglieder zugänglich).
  

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Kommentare

Martina Rüdiger (m7252)

Der Schätzing ist manchmal etwas zu ausschweifend, finde ich. Z.B. in "Der Schwarm" der Abschnitt auf dem Flugzeugträger aber auch andere Passagen. Das Buch hätte gerne 100 Seite weniger haben können (hat fast 1.000) . "Tod und Teufel" fand ich da besser. "Limit" werde ich mir sicher demnächst vornehmen. Mal schauen ob sich die PDF-Version auf dem Archos einigermaßen angenehm lesen läßt, sonst muss ich mir das mal als Printausgabe bei 'nem Freund ausleihen. Was Fachbücher auf einem eBook-Reader angeht: Da weiß ich auch nicht so Recht, ob mir das gefällt. Zumindest nicht ohne brauchbare (d.h. leicht bedienbare) Bookmark- und Notiz-Funktion. Wobei ich Fachbücher selten kaufe, ohne vorher darin rumgeblättert zu haben. Das geht natürlich nur im Buchladen, von daher scheidet ein Online-Store als Bezugsquelle weitgehend aus.

Nach Angaben von Thalia.de gibt es ein neues Software-Update für den eBook-Reader OYO. Offenbar ist das letzte Update nicht so reibungslos gelaufen, denn Thalia entschuldigt sich in der Ankündigungsmail zunächst einmal für Unannehmlichkeiten die beim letzten Update entstanden sind. Die neu Software konnte laut Thalia jetzt deutlich verbessert werden, alle gravierenden Fehler sollen behoben und die Geschwindigkeit insgesamt erhöht worden sein. Folgende Verbesserung bringt das neue Update: - Der Stand-By-Modus zieht den Akku nicht mehr leer. (War mir jetzt gar nicht aufgefallen) - Der OYO lässt sich in allen Situationen in den Stand-By-Modus schalten. - Fehler „Lizenz abgelaufen“ tritt nicht mehr auf. - Das Lesen von PDF-Dateien wurde deutlich verbessert. (Das war ja ein wesentlicher Kritikpunkt) Folgende Features wurden hinzugefügt - Verbesserung der Gesamtreaktionsgeschwindigkeit. - Schnelleres Seitenumblättern. Weitere Änderungen: - Der Energiesparmodus wurde aktuell entfernt, da er vereinzelt zu Fehlern geführt hat. - In der nächsten Update-Version wird der Energiesparmodus wieder vorhanden sein. - Im nächsten Update wird eine Ordner-Struktur im Bücherregal implementiert. Vor der Installation des Updates sollte man den OYO unbedingt voll aufladen. Das Update benötigt laut Thalia ca. 45 Minuten (vor allem das Extrahieren des Updates auf dem OYO erfordert etwas Zeit). Das Update beim OYO ist dann sehr einfach. Man verbindet den OYO mit dem WLAN. Geht im Bereich „Einstellungen“ auf „Erweiterte Einstellungen“ und anschließend auf „Software-Aktualisierung“. Dann braucht man nur noch den Anweisungen folgen. Falls jemand einen OYO benutzt würde es mich sehr interessieren, inwieweit das Update zu einer Verbesserung der im Test aufgeführten Schwächen geführt hat.