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In zwei Artikeln stellte ich bereits die mit Samsung-Smartphones koppelbare VR-Brille Gear VR und dafür verfügbare kostenlose Software vor. Nun wollen wir etwas mehr Geld investieren und einige Spiele anschauen, mit denen man mehr Zeit verbringen kann als mit den kostenlosen. Dazu gehört auch ein Eingabegerät, das komplexere Anforderungen an die Steuerung befriedigt, als es das integrierte Touchpad der Gear VR kann.

Das Gamepad

Das Standard- Eingabegerät für Spiele, abgesehen von den ursprünglich für Büroarbeit gedachten Tastatur und Maus, ist heutzutage das Gamepad, auch Controller genannt. Der klassische Joystick ist kaum noch gebräuchlich, abgesehen von Spezialvarianten für Flugsimulationen (Flightsticks). Das eingebürgerte Controller-Layout hat zwei mit den Daumen bediente Mini-Analogsticks, ein digitales Steuerkreuz auf der linken, vier ebenfalls wie ein Kreuz angeordnete "Face Buttons" auf der rechten Seite und vier Schulterknöpfe für die Zeigefinder (genauer gesagt zwei Knöpfe und zwei analoge Abzugshebel oder Trigger). Das auf den Bildern gezeigte Beispiel ist ein Android-kompatibles Bluetooth-Gerät von Snakebyte. Die Anordnung der Bedienelemente orientiert sich an dem Controller der Xbox 360 von Microsoft, der auch bei PC-Spielern sehr beliebt ist. Das Snakebyte-Grät hat zusätzliche Knöpfe zur Steuerung von Android-Geräten an der Unterseite. Obligatorisch sind auch der Home-Button sowie Start und Select in der Mitte.

Ungewöhnlicherweise hat das knapp 30 € teure Gerät keinen eigenen Namen außer Gamepad for Android with Bluetooth Technology. Bei Kopplung mit dem Galaxy S6 wird es als "unu controller" erkannt. Dieses Gamepad habe ich für alle unten aufgeführten Spiele verwendet. Die meisten sind aber auch mit "Bordmitteln", also dem Touchpad der Gear VR spielbar. Die Auswahl der Spiele erfolgte rein aus persönlichem Interesse. Manches bekannte Spiel, wie das überaus beliebte und auf praktisch jeder Spieleplattform erhältliche Minecraft, wird man hier nicht finden. Trotzdem denke ich, dass diverse Genres gut abgedeckt sind.

                   

End Space

Eine Möglichkeit, der "VR-Krankheit" entgegenzuwirken, also der Übelkeit, die bei vorgegaukelter Bewegung im virtuellen Raum entstehen kann, ist den Spieler in ein Cockpit zu setzen. Denn auch in einem Auto oder Flugzeug sitzt man ja auf der Stelle und bewegt sich dennoch. In Spielen darf es natürlich auch ein Raumschiff sein. End Space steht in der Tradition von Titeln wie Wing Commander und macht den Spieler zum Piloten eines flotten Kampfraumers, der feindliche Schiffe bekämpft. Das Szenario ist nicht sehr genau spezifiziert, wir kämpfen eben gegen Rebellen. Im Hangar befindet sich das Menü, über das wir unsere Mission auswählen. Ob Patrouillenflug, Verteidigung eines wehrlosen Großschiffs oder Angriff auf feindliche Anlagen, letztlich ballern wir immer eine Überzahl anderer Schiffe ab. Die Steuerung per Touchpad ist möglich, aufgrund der Komplexität aber nicht empfehlenswert. Mit dem Gamepad fällt es wesentlich leichter, schnelle Manöver auszuführen und die verschiedenen Waffenarten durchzuschalten. Dabei hat man zahlreiche Optionen. Ich spielte so, dass ich mit dem linken Stick des Gamepads das Schiff drehe und kippe, während ich mit Kopfbewegungen die Kanonen ausrichte. Der rechte Stick dient in dieser Variante zum seitlichen Rollen des Gefährts. Doch das funktionierte bei mir leider nicht. Offenbar ist die hundertprozentige Kompatibilität des Eingabegeräts doch nicht gegeben (wie wir weiter unten noch einmal sehen werden). Wirklich schlimm war das nicht, ich kam auch ohne Rollen gut zurecht.

End Space ist grafisch ziemlich beeindruckend und spielt sich flüssig. Besonders umfangreich ist es nicht, gerade mal acht Missionen gibt es. Diese kann man mehrmals spielen, um zusätzliche Credits zu verdienen. Damit schaltet man den nächsten Einsatz frei oder kauft neue Waffen. Somit wird die Spielzeit etwas gestreckt, trotzdem hat man nach zwei Stunden alles gesehen. Für 7,99 € ist es aber dennoch ein tolles VR-Erlebnis und ein gutes Actionspiel.

https://www.oculus.com/experiences/gear-vr/941837879186570/
http://endspacevr.com/

Tactera

Taktisch wird es, wie der Name schon verrät, in Tactera. Es handelt sich um eine etwas vereinfachte Variante von klassischer Echtzeit-Strategie, wie man sie vor allem von PC-Spielen kennt. Zu Beginn befindet man sich in einer futuristischen Kommandozentrale, in die ein Schlachtfeld projiziert wird. Alles hat eine abstrakte Drahtgitteroptik und ist recht allgemein gehalten. Panzer, Fluggleiter, Zeppeline, Artillerieschläge und so weiter sind die Einheitentypen, aus denen man drei vor jedem Kampf auswählt. Der Gegner tut das gleiche. Die Karte, auf der der Kampf dann stattfindet, ist übersät mit Gebäuden, die zu Beginn größtenteils neutral sind, doch an jedem Ende haben die Kontrahenten ihre ersten drei in Besitz, die nun automatisch die besagten Truppen produzieren. Es gilt, die Basen nach und nach zu erobern und schließlich den Anderen von der Karte zu fegen. Hat eine Basis die Produktion beendet, kann man dem erzeugten Trupp einen Marschbefehl geben: Gehe dorthin bzw. Greife diese Basis an. Sind sie dort angekommen und haben den Auftrag erledigt, handeln sie fortan selbstständig. Das ist wie gesagt relativ simpel, macht aber wirklich Spaß. Zudem sieht es cool aus und Funksprüche sowie elektronische Musik sorgen für die gelungene akustische Kulisse. Zu steuern ist es mit simplem Tippen aufs Touchpad oder einem einzelnen Knopf des Gamepads.

Tactera bietet einiges an Umfang. Die ebenfalls erhältliche kostenlose Demo enthält nur den "Skirmish", also Einzelschlachten gegen den Computergegner. Die Vollversion für 9,99 € bietet außerdem eine Kampagne und einen Mehrspielermodus. In der Kampagne blickt man auf eine große Strategiekarte mit mehreren Sektoren auf denen Spieler und KI rundenweise ihre Einheiten verschieben. Stehen am Ende einer Runde beide Seiten auf demselben Feld, kommt es zur taktischen Schlacht wie oben beschrieben. Hat man die KI einmal geschlagen, startet die Kampagne in einem höheren Schwierigkeitsgrad neu. Der hat es wirklich in sich...

Im Multiplayer spielt man Einzelschlachten gegen einen anderen menschlichen Spieler übers Internet. Dabei wird man zufällig mit anderen Spielern gepaart, die gerade nach Partien suchen. Dauert das länger, darf man zur Überbrückung ein Skirmish-Gefecht spielen. Die Option, gezielt mit Freunden zu spielen, befindet sich schon im Menü, ist aber noch ausgegraut. Da muss man auf ein Update hoffen.

https://www.oculus.com/experiences/gear-vr/1076393782417282/
https://www.tacteragame.com/

Please, don't touch anything

In diesem Spiel wird nicht gekämpft. Es geht eher darum, Rätsel zu lösen oder auch mal einfach etwas auszuprobieren, bis verrückte Dinge passieren. Wir sitzen in einem Büro und der Kollege, der gerade durch die Tür verschwindet, bittet uns, kurz die Stellung zu halten, bis er wieder da ist. Was, diese Schalttafel mit dem großen roten Knopf da direkt vor uns? Einfach nicht beachten. Bloß nichts anfassen, bitte! Nun, einfach dasitzen und nichts tun wäre ein ziemlich langweiliges Spiel. Da bleibt ja eigentlich nur, den Knopf zu drücken. Und plötzlich verändert sich die bis dahin größtenteils leere Kontrolltafel. Weitere Schalter erscheinen. Was die wohl machen? Oder sollte ich den ersten Knopf noch mal drücken? Was war das für ein Geräusch? Huch, wo kommt das denn her?  Was hat eigentlich diese Notiz zu bedeuten? Und was passiert, wenn ich...?

So läuft praktisch das ganze Spiel. Je nachdem, welche Aktionen man ausführt, erreicht man eines von über 20 Enden, die die meist kuriosen Auswirkungen des eigenen Vorgehens zeigen. Das wirkt nicht selten ziemlich willkürlich, ist oft aber auch echt witzig. Vieles erreicht man durch wildes Herumprobieren, es finden sich aber auch etliche Hinweise im Zimmer, die mit etwas Aufmerksamkeit und Kombinationsgabe zu einem neuen Ziel führen können. Die Kreativität der Entwickler muss man da wohl anerkennen, ob es einen länger motiviert, ist aber Geschmackssache. Ebenso wie die Frage, ob man 8,99 € dafür zahlen möchte. Leider hatte ich hier öfter als bei den anderen genannten Spielen Probleme mit Überhitzung des Samsung Galaxy S6, obwohl es ja nur in einem, wenn auch mit Details vollgestopften, Raum spielt. Die Steuerung ist genauso einfach wie bei Tactera. Ein Gamepad kann genutzt werden, es geht aber auch ebenso gut ohne.

https://www.oculus.com/experiences/gear-vr/1157662374252543/
http://www.pdta3d.com/

Protocol Zero

Die Geschichte in Protocol Zero ist wieder mal nur vage definiert, doch der Spieler verkörpert einen Geheimagenten, der einen Diktator stoppen soll. Das geschieht nicht, indem man aus allen Rohren ballernd Schergen niedermäht, sondern durch heimliches Vorgehen. Gespielt wird aus der Ich-Perspektive und man kann sich durch Kopfbewegungen frei umsehen. Dabei bewegt man sich stets in der Dunkelheit, die Umgebung ist in das charakteristische grau-grün eines Nachtsichtgeräts getaucht und wirkt dadurch etwas trostlos. Immerhin sind die Levels dennoch recht detailliert aufgebaut. Frei umherlaufen kann man nicht. Stattdessen sieht man an vorgegebenen Stellen in der Spielwelt Symbole, die man anvisieren kann. Ein Touchpad-Tipper oder Knopfdruck später schleicht der Held automatisch dorthin. Das ist eigentlich recht clever, denn durch die kurzen Wege und das langsame Tempo wird einem nicht so schwindelig wie bei anderen Spielen. Cool ist auch, dass man durch Neigen des Kopfes um die Ecke linsen kann.

Das Ziel in den relativ kleinen Gebieten ist es meistens, einfach bis zum Ende zu kommen. Natürlich gibt es Hindernisse in Form von patrouillierenden Soldaten und Überwachungskameras. Blickt man sie an, wird automatisch die schallgedämpfte Pistole gezogen, mit der man sie dauerhaft ausschalten kann, wenn man sonst nicht an ihnen vorbeikommt. Etwas nervig: Sobald man gesehen wird, ist die Mission verloren und man muss neu starten. Auch wenn eine Wache die Leiche seines Kollegen findet, heißt es "Game Over". Manche Kameras sind zudem gegen Beschuss geschützt. Zum Glück hat der Held ein weiteres Hilfsmittel: Das sogenannte MPI aktiviert eine kurzzeitige Spezialsicht, mit der man Gegner auch durch Wände sieht. Das geht gerade mit dem Gamepad alles leicht von der Hand. Genutzt werden letztlich nur zwei Knöpfe, daher ist auch das eingebaute Touchpad ausreichend.

Die Missionen in Protocol Zero sind nicht gerade einfach, man muss sich darauf einstellen, manche sehr oft neu zu starten. Gleichzeitig gibt es ganze 20 davon, für langen Spielspaß ist also gesorgt - eine gewisse Frustresistenz vorausgesetzt. Für 4,99 € ist das jedenfalls ein echtes Schnäppchen.

https://www.oculus.com/experiences/gear-vr/1060131037350158/
http://sidekickvr.com/

JUMP

Zu guter Letzt ist JUMP das einzige Spiel in diesem Artikel, das ausschließlich mit Gamepad spielbar ist. Leider hat es auch Probleme mit einigen Modellen, wie ich sowohl selbst feststellte wie auch in diversen Kritiken las. Doch der Reihe nach: In JUMP ist der Name Programm, denn es wird eigentlich nur gelaufen und gesprungen. Das Ganze findet natürlich in der Ich-Perspektive statt, in der man sich, Analogstick sei Dank, diesmal völlig frei bewegen kann. Man befindet sich zu Beginn jedes Levels, derer es fünf gibt, auf einem Hausdach und blickt auf ein Stadtgebiet mit mehr oder weniger hohen Gebäuden. Auf Knopfdruck macht man einen übermenschlichen Satz: Jeder Sprung geht mehrere Meter hoch und weit. Das ist auch nötig, denn man soll sich von Dach zu Dach bewegen, um an Ende den höchsten Punkt, die Spitze des "Jump Tower" zu erreich. Eine Berührung des Bodens ist dagegen "tödlich", das heißt man hat dann verloren und muss von vorne beginnen. Das Spiel besteht also aus einer Mischung aus Geschicklichkeit und Tüfteln, wie der beste Weg wohl aussieht. Das kann schon eine Weile Spaß machen, aber auch frustrieren, wenn man kurz vor dem Ziel aufgrund der etwas schwammigen Steuerung abstürzt. So richtig hübsch anzusehen sind die Spielwelten außerdem nicht, die einfarbig texturierten Häuserwände und Dächer wirken gerade in VR eher befremdlich.

Doch was man, besonders wenn man noch nicht sehr VR-erfahren ist, vor allem anderen feststellen wird: Derart durch die Spielwelt katapultiert zu werden, während man in der Realität an Ort und Stelle bleibt, bringt die Sinne ganz schön durcheinander! Wie ich schon in den früheren Artikeln schrieb, hatte ich bisher keine Probleme mit Übelkeit bei Benutzung der Gear VR, doch in diesen Momenten wurde mir richtig schwindelig und der Kopf tat weh. Das war kein schönes Erlebnis. Doch ich biss mich durch und spielte immer mal wieder ein paar Minuten und mittlerweile ist der Effekt verschwunden, ich kann JUMP ohne Probleme spielen. Ein anderes Ärgernis sind die bereits erwähnten Schwächen bei der Controller-Unterstützung. Es ist spielbar, da man laufen und springen kann, doch manches geht nicht: Eigentlich soll es möglich sein, sich über die Schultertasten zu drehen. Bei meinem Gamepad klappt das nicht, ich muss mich also tatsächlich um die eigene Achse drehen, um das im Spiel zu tun. Auch der B-Knopf, der einen nach erreichtem Ziel zurück in die Level-Auswahl bringen soll, reagiert nicht auf Eingaben. Einziger Workaround: Das Spiel beenden und neu starten. Bei den technischen Schwächen und geringem Umfang ist es gut, dass JUMP nicht mehr als 4,99 € kostet.

https://www.oculus.com/experiences/gear-vr/994223077313205/
http://www.jumpvrgame.com/

Fazit

Man muss es klar sagen: Keines der vorgestellten Spiele macht etwas, das ohne VR nicht möglich wäre. Dennoch ziehen sie alle ihre Faszination aus der ungewöhnlichen Technologie. Im Vergleich zu PC- oder Konsolenspielen ähnlicher Genres sind sie oft vereinfacht, doch gilt das auch für Handyspiele allgemein und hat nicht unbedingt mit VR zu tun. Gleichzeitig sind sie merklich teurer als man für Spiele etwa aus dem Google Play Store gewohnt ist. Doch das ist eben der Bonus, den man draufzahlt, wenn man eine neuartige Technik für Spiele nutzen will. Auf ihre Art bieten die Titel alle ein spannendes Erlebnis, manche mehr als andere, und es bleibt jedem selbst überlassen, was man dafür ausgeben möchte. Wer jedenfalls auf der Gear VR "ernsthaft" spielen möchte, sollte sich nicht mit kostenlosen oder 1-Euro-Lösungen begnügen, sondern das Geld für Gamepad und Spiele investieren. Ich kann für mich persönlich sagen, dass es sich gelohnt hat. Das werden sicher nicht die letzten Spiele sein, die ich mir für Gear VR kaufe.

                                               

Die Zukunft

Während der Entstehung dieses Artikel veröffentlichte Samsung ein neues Zubehör, das nun auch Bewegungssteuerung mit der Gear VR ermöglicht. Wie auch bei den individuellen Controller der "großen" Kontrahenten Oculus Rift, HTC Vive und PlayStation VR können damit Handbewegungen ins Spiel (oder eine andere App) übertragen werden. Das schlicht Gear VR Controller (Bild links: Samsung) genannte Gerät kostet 39,99 € (oder 129,99 im Bundle mit der Brille selbst) und wird schon von einer Vielzahl Apps unterstützt, seien es Spiele, Social-Media-Anwendungen oder anderes. Ob es dazu auch einen Artikel von mir geben wird, steht noch nicht fest.