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Seit über zwei Jahren hat der Internetdienst Onlinetvrecorder.com (OTR) bei mir den Videorekorder abgelöst. Das Herunterladen und Dekodieren der Aufnahmen über das Internet ist zwar weniger komfortabel, als das Aufzeichnen per Videorekorder, aber dafür spart man sich das Programmieren von Aufnahmen. Dank "Premium-Status", der gerade einmal 50 Cent pro Monat kostet, steht die sogenannte "GetItAll"-Wishlist zur Verfügung. Damit werden alle Sendungen aufgenommen und können innerhalb von 14 Tagen heruntergeladen werden. Natürlich wie bei den normal programmierten Aufnahmen auch in verschlüsselter Form. Soweit ist das eine richtig feine Sache. Aber wie bei den früheren Videoaufnahmen auch, stört die eingeblendete Werbung. Und nicht nur die: Da OTR kein VPS nutzt, starten die Aufnahmen etliche Minuten vor dem Sendebeginn und laufen nach Ende der Sendung noch einige Minuten weiter. So wird zwar gewährleistet, dass bei kleineren Verspätungen trotzdem die komplette Sendung aufgezeichnet wird, aber dafür hat man auch unerwünschte Teile aufgenommen. Im Gegensatz zu den früheren Videoaufnahmen auf Kassette bietet ein PC jedoch geeignete Werkzeuge um die Aufnahmen von diesem nutzlosen Ballast zu befreien.

Die Werkzeuge

Alles was man braucht ist eine kostenlose Videoschnittsoftware für das Entfernen unerwünschter Szenen, eine grafische Benutzeroberfläche für den Komfort und eine Schnittanweisung. Hat man diese Sachen beisammen, ist das Schneiden von OTR-Aufnahmen ein Kinderspiel. Aber der Reihe nach. Zunächst benötigen wir ein Videoschnittprogramm. Cut Assistant unterstützt die Open-Source-Programme Asfbin, VirtualDub, AviDemux und MP4Box. Man muss nicht alle vier Programme installieren. Ich habe nur VirtualDub und AviDemux im Einsatz.

Als nächstes besorgen wir uns ein kleines Tool namens Cut Assistant. Dieses sorgt für die bequeme Nutzung der soeben installierten Videoschnittprogramme und bietet zusätzlich die Möglichkeit sogenannte Cutlists (Schnittlisten) aus dem Internet zu laden. Eine solche Cutlist enthält alle notwendigen Anweisungen für ein Videoschnittprogramm, um unerwünschte Teile aus einer Videoaufnahme zu entfernen. Als Ergebnis erhält man ein fertig geschnittenes Video. Die Schnittlisten werden von Mitgliedern der OTR-Community erstellt und auf einen zentralen Server geladen. Da es sich dabei um eine freiwillige und unbezahlte Leistung handelt, kann es durchaus passieren, dass man nicht sofort eine Schnittliste für sein zu schneidendes Video vorfindet. Insgesamt kommt das aber recht selten vor. Häufig steht eine Schnittliste schon am Tag nach der Ausstrahlung bereit. Nur einmal ist es mir in den letzten Monaten passiert, dass für eine Aufnahme auch nach mehreren Tagen keine zur Verfügung stand. In diesem Falle kann man natürlich selber eine erstellen und nach dem Schneiden diese auf den Server hochladen und anderen zur Verfügung stellen.

Cut Assistant einrichten

Nach dem Download von Cut Assistant entpackt man die Zip-Datei in einen Order in seiner Wahl und startet die Installation. Nach dem ersten Start muss Cut Assistant zuerst einmal eingerichtet werden, damit alle Funktionen zur Verfügung stehen.

Startbildschirm von Cut Assistant
Startbildschirm von Cut Assistant

Dazu wählt man den Menüpunkt "Optionen -> Einstellungen", so gelangt man auf die Konfigurationsseite. Unter "Allgemein" braucht man so gut wie keine Einstellungen vornehmen, wer möchte kann hier jedoch Deutsch als Sprache für das Programm wählen. Das habe ich gemacht, daher beziehen sich alle folgenden Angaben auf diese Spracheinstellung. Unter dem Punkt "Film-Speicherung" kann man das Zielverzeichnis für die geschnittenen Filme auswählen. Außerdem gibt es die Möglichkeit in den Dateinamen der geschnittenen Version eine spezielle Kennung einzufügen. Standardmäßig fügt Cut Assistant ".cut" vor der Dateiendung ein. Damit erkennt man auf einen Blick ob es sich um die Originalversion oder die geschnittene handelt. Unter "Cutlisten-Speicherung" braucht man keine Änderungen vornehmen. Wichtig ist der Eintrag unter "URLs". Hier muss man Cut Assistant mitteilen, auf welchem Server es nach Schnittlisten suchen soll.


Mit diesem Eintrag sucht Cut Assistant automatisch richtig

Unter "Info-Check" braucht man nichts zu ändern. Wer mag, kann dort die automatische Update-Überprüfung beim Programmstart abschalten. Bei "Externe Schnittprogramme" stellt man ein, welcher Dateityp mit welchem Schnittprogramm bearbeitet werden soll. Mit den folgenden Einstellungen erziele ich gute Ergebnisse:


Auswahl der Schnittprogramme und Codecs für jeden Dateityp

Die Option "Quell-Filter" kann man wieder übergehen. Bei den vier folgenden Punkten "AsfBin", "VirtualDub", "AviDemux" und "MP4box" trägt man den Pfad zu der jeweiligen Anwendung ein und kann zusätzlich noch einige Optionen einstellen.

Einstellungen für VirtualDub
Angaben zur Einbindung von VirtualDub...

Einstellungen für AviDemux
...und für AviDemux

Und Action!

Hat man alle Einstellungen vorgenommen, so kann es jetzt mit dem Schneiden der ersten Aufnahme losgehen. Dazu wählt man mittels "Datei -> Öffne Filmdatei" eine bereits entschlüsselte OTR-Aufnahme. Nun fehlt nur noch eine passende Cutlist. Ein Klick auf "Cutlist -> Suche Cutlist auf dem Server" liefert nach wenigen Sekunden eine Übersicht aller in Frage kommenden Listen. Sehr häufig findet man für eine Aufnahme mehre Listen. Ich wähle in der Regel die mit der besten "Benutzerwertung" (Spalte drei) - je höher der Punktwert (er reicht von Null bis fünf) umso besser die Qualität der Liste. Falls es noch keine Bewertung der Liste gibt, nehme ich stattdessen die "Autorwertung" (Spalte 5) als Kriterium. Damit bin ich bisher immer gut gefahren.

Cutlist-Surchergebnisse
Die Sucherergebnisse vom Cutlist-Server für eine bestimmte Aufnahme

Nach Auswahl der gewünschten Cutlist kommt manchmal der Warnhinweis, dass die Liste für eine andere Version des gewählten Schnittprogramms erstellt wurde und ob man trotzdem fortfahren möchte. Bisher gab es bei mir noch nie ein Problem damit, diese Frage zu bejahen. Falls doch ist das kein Beinbruch. Die Originaldatei bleibt nach dem Schneiden erhalten und man kann mit einer anderen Schnittliste einen neuen Versuch starten.

Cut Assistant mit geladener Videodatei und Schnittliste
Cut Assistant mit geladener Videodatei und dazugehöriger Schnittliste

Nun zeigt Cut Assistant verschiedene Angaben zu der geladenen Videodatei und Schnittliste. In diesem Beispiel gibt es nur einen Schnitt: Beginnend mit dem Zeitstempel 0:07:30.153 wird der Zeitraum bis 0:50:24.349 (der grüne Balken unten, bzw. die Schnittangaben in der Tabelle oben rechts) ausgeschnitten und als neue Videodatei abgespeichert. Jetzt nur noch ein Klick auf die kleine Schere in der oberen Iconleiste (oder einfach F9 drücken) und Cut Assistant beginnt sein Werk. Ein kleines Statusfenster zeigt den Fortschritt und gib Auskunft wie lange der Vorgang ungefähr dauern wird. Auf meinem schon etwas betagtem Rechner (AMD Athlon 64, 3000+ mit 1,5 GByte RAM) dauert das Schneiden eines 60-minütigen Videos gut eine Minute.

Statusfenster von Cut Assistant bei laufendem Schnitt
Statusfenster von Cut Assistant bei laufendem Schneidevorgang

Den erfolgreichen Abschluss meldet das Programm dann in einem extra Hinweisfenster. Anschließend bleibt noch ein kurzer Kontrollblick auf die geschnittene Datei - wobei ich mir das mittlerweile oft spare, denn das Ergebnis war bisher mit einer Ausnahme immer gelungen. Und noch eines sollte man wenigstens hin und wieder machen: Dem Autor der Schnittliste eine Bewertung zukommen lassen. Auch dafür bietet Cut Assistant ein Knöpfchen: F6 oder das Icon mit dem nach oben gerichteten Daumen. In dem sich nun öffnenden Fenster wählt man die passende Qualitätsstufe und schickt das Ergebnis mit einem Mausklick an den Server. Das hilft anderen Usern die Qualität der Cutlist vorab einzuschätzen - ich empfinde das als sehr wertvoll. Und für den Autor dürften reichlich gute Bewertungen sicher auch ein Ansporn sein weiterzumachen!

Fazit

Mit Hilfe von Cut Assistant wird das Schneiden von OTR-Aufnahmen zum Kinderspiel. Einmal eingerichtet sind es nur wenige Mausklicks und eine Aufnahme ist frei von lästigen Werbeblöcken oder anderen Unterbrechungen. Auf die Weise spart man natürlich auch reichlich Speicherplatz für die Videos - vorausgesetzt man vergisst nach dem Schneiden nicht, die Rohdatei zu löschen ;-). Und wer keine passende Schnittliste findet, kann auch selber Hand anlegen. So lassen sich auch eigene Videos schneiden, für die es im Internet natürlich keine passende Liste gibt.

Update

Seit einiger Zeit geht es sogar noch viel einfacher. Die neue Decoder-Software von OnlineTvRecorder kann die Videodateien beim Decodieren jetzt automatisch schneiden, sofern es mindestens eine Schnittliste im Fundus gibt. Anfangs war ich etwas skeptisch, ob das funktioniert und die Schnittlisten auch qualitativ gut sind. Mittlerweile ist diese Skepsis gewichen. In 90% der Fälle sind die Schnittlisten von guter bis sehr guter Qualität. Die Werbeblöcke sind so gut ausgeschnitten, dass man überhaupt nicht merkt, wo sie mal waren. Auch doppelte Szenen, die vor allem bei den privaten Sendern offenbar sehr gerne genutzt werden, um die Sendezeit zu verlängern (und so mehr Werbung einblenden zu können), sind fast immer rausgeschnitten und auch diese so framegenau, dass man nichts bemerkt. Nur bei jeder 10. geschnittenen Sendung gibt es kleinere Mängel. Manchmal ist noch ein Stückchen am Anfang oder Ende der Sendung überflüssig, oder die doppelten Szenen sind nicht ganz exakt geschnitten. Aber das läßt sich verschmerzen. Hauptsache man bleibt von der lästigen Werbung verschont. Nur selten passiert es übrigens, dass zum Zeitpunkt des Downloads noch gar keine Schnittliste vorliegt. Vor allem, wenn ich einen Film relativ kurze Zeit nach der Ausstrahlung herunterlade oder es sich um Sendungen handelt, die wohl eher eine kleine Zielgruppe und damit auch nur wenige potenzielle "Cutter" ansprechen. In den Fällen bleibt dann nur mit den oben beschriebenen Werkzeugen selber zur Tat zu schreiten.

Links

Onlinetvrecorder (deutsch): http://www.onlinetvrecorder.com
Cut Assistant (englisch): http://sourceforge.net/projects/cutassistant/
VirtualDub (englisch): http://www.virtualdub.org/
Avidemux (englisch): http://avidemux.org/
MP4Box: http://kurtnoise.free.fr/mp4tools/

Kommentare

Ich hatte jetzt längere Zeit Avidemux als Programm zum Schneiden in Verwendung, wahrscheinlich weil es auf der Liste der möglichen Software oben stand (-> Alphabet Wink ). Jetzt hab ich, weil die meisten Schnittlisten damit gemacht sind, VirtualDub mal wieder installiert, und siehe da: das ist mehr als doppelt so schnell, bei gleich gutem Ergebnis. Ich weiß natürlich nicht, ob das überall so ist oder von der Rechnerkonfiguration abhängt. Jedenfalls auf einer Kiste mit WindowsXP SP3, Dual Core-Prozessor 2,83 GHz und 3,25 GB RAM läuft es tadellos. Ein einfacher Schnitt (vorne und hinten Überstand weg bei einer 500 bis 600 MB großen Datei) braucht weniger als eine Minute. Vorher waren es bis zu 3 Minuten (mit Avidemux)

Martina Rüdiger (m7252)

Martina Rüdiger (m7252)

Der u. a. für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass das Angebot "internetbasierter" Videorecorder die den Rundfunkunternehmen nach dem Urheberrechtsgesetz zustehenden Leistungsschutzrechte verletzen kann und in der Regel unzulässig ist. ... Das Berufungsgericht wird nun Feststellungen dazu treffen müssen, wie der Aufzeichnungsprozess im Einzelnen abläuft, um dann entsprechend entscheiden zu können (Urteil vom 22. April 2009 – I ZR 216/06 – Internet-Videorecorder, Quelle: Mitteilung der Pressestelle Nr. 84/2009, http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Ger...)