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Ein Kommentar von Florian Delonge, M6285

Das Web 2.0 hat uns viele neue Konzepte und Ideen beschert. Online-Communities, soziale Netzwerke und virtuelle Welten haben die Kommunikation im Internet auf ein Niveau gehoben, das über den alten Dreiklang aus E-Mail, News und Web weit hinausgeht. Es gibt jedoch noch eine weitere Erscheinung, die gemeinhin dem Web 2.0 zugeordnet wird – das Weblog.

So ein Weblog – oder besser gesagt „Blog“, wenn man sich als Insider zu erkennen geben will – ist natürlich eine feine Sache. Der Autor eines solchen Tagebuches im Internet kann schreiben, was ihm gerade so einfällt und die ganze Welt liest mit – theoretisch, jedenfalls. Es ist ja auch ganz einfach: Nur schnell eines der kostenlose Open Source Software Pakete auf der Website installieren und schon kann es losgehen. Da es zudem total cool ist, wenn man sich als „Blogger“ (so heißen die Autoren solcher Weblogs in der Szene) outen kann, schießen neue Weblogs allenthalben wie die sprichwörtlichen Pilze aus dem Boden. Es gibt kaum ein sinniges oder unsinniges Thema, zu dem sich nicht mindestens ein Mensch in einem Weblog äußern möchte. Die meisten Blogger schreiben ohnehin primär über sich selbst. Blog ist eben Kult (oder Hype, wie man es nimmt).

Die Sache hat allerdings einen Schönheitsfehler. Da es nur wenige Leute gibt, die ständig neue und interessante Dinge von sich zu geben haben, mangelt es meist an sinnvollen Inhalten. Dann gibt es natürlich zwei Möglichkeiten: Entweder man schreibt nur selten etwas in sein Weblog (also dann, wenn es wirklich etwas mitzuteilen gibt), oder man schreibt regelmäßig irgendetwas (ab), auch wenn es sich dabei um ziemlich belanglose Prosa handelt. Als Folge dessen sind die meisten Weblogs doch relativ frei von Information und der Unterhaltungswert hält sich sowieso in Grenzen – es sei denn, jemand interessiert sich tatsächlich dafür, ob dem Autor seine gestern aufgebackene Tiefkühlpizza geschmeckt hat (das scheint übrigens das Hauptnahrungsmittel vieler bleicher Gestalten zu sein, deren Leben sich weniger im Sonnenlicht, als vielmehr im fahlen Schein ihres Computermonitors abspielt…).

Man braucht sich daher nicht zu wundern, wenn sich an Weblogs die Geister scheiden. Da gibt es die Leute, die Weblogs schreiben und lesen (meist in Tateinheit) und die weitaus größere Menge der Nutzer, die sich nicht dafür interessieren. Die Zeiten, als Weblogs nur von Leuten betrieben wurden, die tatsächlich wichtige Neuigkeiten weiterzugeben hatten und dies mit E-Mails nicht mehr bewältigen konnten, ist eben leider vorbei. Es steht daher zu vermuten, dass diese „Blogosphäre“ die einzige Form der Literatur ist, bei der es mehr Autoren als Leser gibt (wenn man einmal davon absieht, dass die Autoren ja auch ihre eigenen Beiträge lesen). Daran ändern vermutlich auch die großzügigen Angebote von RSS-Feeds und Podcasts zu einem Weblog nichts.

„Stell Dir vor, Du machst ein Weblog, und keiner liest es“ ist wohl der Alptraum jedes Bloggers. Damit man belegen kann, dass es ja doch Leser gibt, wird meist eine Kommentarfunktion eingerichtet. Der Verdacht liegt dabei jedoch nahe, dass sich die Blogger hier gegenseitig zu ihren tollen Beiträgen gratulieren (und manch einer auch unter einem Pseudonym sich selbst). Ernsthaften Widerspruch gibt es jedenfalls eher selten. Ein Weblog mit Kommentarfunktion gleicht dann ja auch eher einem Online-Forum, nur mit dem Unterschied, dass nur ein privilegierter Benutzer neue Themen starten kann und die Diskussion daher meist recht einseitig bleibt. Aber das ist vielleicht so gewollt – Weblogs haben ja stets einen leicht egomanischen Charakter, da stört es auch nicht, wenn die Kommunikation zum Monolog wird (ein typisches Defizit des modernen Informationszeitalters).

Als Fazit bleibt: Die meisten Weblogs sind überflüssig und verzichtbar. Wer nichts zu sagen hat, der sollte das wenigstens nicht auch noch in aller Öffentlichkeit tun. Wer an vielseitigen Diskussionen und Meinungsaustausch interessiert ist, der findet in einem Forum bessere Möglichkeiten. Wer wirkliche Informationen veröffentlichen will, der kann dies mit einer Wiki-Plattform in strukturierterer Form tun. Wer aber trotzdem unbedingt ein Weblog betreiben will, der sollte sich nicht wirklich wundern, wenn seine Äußerungen ungehört bzw. ungelesen in der großen Weite und Leere des Webs als dem Nirwana der Informationstechnik verhallen…
 

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Kommentare

Twitter (der nächste Hype) geht noch eine Stufe weiter - nun sind die Beiträge auch noch in der Länge (und damit auf jeden Fall auch im Informationsgehalt) beschränkt. Besonders nett ist es dann, wenn ein Blog-Schreiber über die Überflüssigkeit von Twitter sinniert: http://www.fixmbr.de/twitter-der-grte-bldsinn-aller-zeiten/ Smile

Oder weniger Gelaber durch Beschränkung auf das Wesentliche? Jeder Schreiberlig weiß, dass es schwieriger, aber meist sinnvoll ist,s ch kurz zu fassen... Dass ein Blogger über Twitter lästert, ist wirklich herrlich ironisch, da stimme ich dir zu.